Mössinger Generalstreik
MENU

Mössingen in der NS-Zeit

Während in vielen anderen Orten die Machtübergabe an die Nationalsozialisten mit Aufmärschen und Feiern freudig begrüßt wurde, ist aus Mössingen nichts Vergleichbares bekannt. Trotzdem bauten die Nationalsozialisten nach und nach ihre Stellung im Ort aus und drängten die Anhänger der KPD, deren aktivsten Mitglieder im Gefängnis saßen, immer weiter aus dem öffentlichen Leben zurück.

 

So konnte vonseiten der KPD praktisch kein Wahlkampf zur Reichstagswahl am 5. März 1933 mehr stattfinden. Lediglich die SPD organisierte eine Wahlversammlung im Mössinger „Ochsensaal“, auf der der Reutlinger Stadtrat Oskar Kalbfell zur politischen Lage sprach. Bei den Wahlen erhielt die NSDAP 54,7 Prozent, die KPD 21,1 Prozent und die SPD 8,5 Prozent der Stimmen. Nachdem auch der Gemeinderat durch das „Gesetz zur Gleichschaltung der Länder im Reich“ vom 31. März 1933 entsprechend der Ergebnisse der jüngsten Reichstagswahl neu besetzt werden musste, saßen im Mössinger Gemeinderat nun elf Nationalsozialisten und ein Vertreter des Christlich-Sozialen Volksdienstes.

 

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten vor Ort war jedoch schon zuvor, am 11. März 1933, durch einen Aufmarsch des SA-Steinlachsturms in Mössingen mit anschließender Ansprache des NSDAP-Kreisleiters und Hissung der Hakenkreuzfahne auf dem Rathaus augenfällig geworden. Dennoch gab es bei der Reichstagswahl und der Volksabstimmung über den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund im November 1933 sowie bei der Volksabstimmung über das Staatsoberhaupt im August 1934 trotz massiver Bedrängung durch SA-Leute einen im Vergleich zu anderen Gemeinden überproportional hohen Anteil von Nein-Stimmen und ungültig gemachten Stimmzetteln.

 

Der Mössinger Bürgermeister Karl Jaggy wurde im Mai 1933 „aus gesundheitlichen Gründen“ in den Ruhestand versetzt. Der ab Juni von der NSDAP eingesetzte kommissarische Bürgermeister Fritz Stimm, ein strammer NSDAP-Parteimann, fand in Mössingen keine Mehrheit, so dass im Oktober der vorherige Ratsschreiber Gottlieb Rühle das Amt des Bürgermeisters übernahm. Mit ihm und dem Ortsgruppenleiter Karl Ayen bestimmten nun eher gemäßigte Kräfte die Politik vor Ort.

  

Das öffentliche Leben im linken Umfeld war schon bald nach dem Generalstreik zum Erliegen gekommen. So wurden die Turnhalle mitsamt Inventar und das sonstige Vermögen der KPD und der Arbeitervereine beschlagnahmt. Nachdem man sich anfangs noch an der Langgass-Turnhalle getroffen hatte, blieb man nun Zuhause, verabredete sich in Privatwohnungen und in Werkstätten der Genossen oder unternahm Wanderungen in die nähere Umgebung. Man versuchte, die „braune Zeit“ zu überstehen, so gut es eben ging.

 

In Mössingen selbst war Paul Ayens Frau Emma den meisten Schikanen ausgesetzt. Sie musste regelmäßig Hausdurchsuchungen über sich ergehen lassen, die bei ihr schließlich gesundheitliche  und psychische Probleme auslösten. Die Solidarität unter den KPD-Anhängern funktionierte aber nach wie vor. Man unterstützte sich so gut es ging – vor allem in den Zeiten, als noch einige Streikteilnehmer im Gefängnis saßen.